Musikschulen

Ein weiterer, wichtiger Teil der musikalischen Bildung findet im privaten statt, in den Proberäumen unzähliger Bands verschiedener Musikrichtungen und, ganz wichtig, in den öffentlichen und privaten Musikschulen.

Wie sieht es also dort mit der kulturellen Vielfalt  aus?

Ich habe mir die Mühe gemacht auf den Websites der Musikschulen nach der kulturellen Vielfalt in ihren Lernangeboten zu recherchieren.

Ich setze mal voraus, dass fast überall neben dem klassischen Instrumentarium auch Gitarre, E-Gitarre, Bass, Schlagzeug unterrichtet werden.

Weitergehende Angebote, speziell zur Musik und den Instrumenten der Migranten sind selten und werden meist nicht gerade offensiv beworben. Aber kann es richtig sein den kulturellen, musikalischen Hintergrund  eines knappen Drittels der Kinder und Jugendlichen einfach im Angebot zu ignorieren?

Das Jeki Projekt, „Jedem Kind sein Instrument“, ist eine Möglichkeit die Vielfalt in der musikalischen Bildung zu erhöhen, werden doch neben den üblichen Instrumenten auch die lateinamerikanische Cajon, die westafrikanische Djembe und die anatolische Langhalslaute Baglama angeboten.

Es stellt sich die Frage ob diese Instrumente ohne den originären musikalisch, kulturellen Kontext vermitteln werden können und sollen.

Als sehr populäre Perkussionsinstrumente sind Cajon und Djembe leicht in verschiedensten Musiken einzusetzen und werden sich im allgemein genutzten Instrumentarium so schnell durchsetzen wie Congas und Bongos vor einigen Jahrzehnten.

Da außer der Djembe kaum eine andere afrikanische Trommel unterrichtet wird besteht für mich, als großen Freund der afrikanischen Musikkulturen, die Gefahr,  dass das Spiel auf der Djembe prinzipiell mit „Afrikanischem Trommeln“ gleichgesetzt wird.

Ein ergänzender Unterricht über afrikanische Musikkulturen, Lieder, Instrumente, Stile würde daher einer klischeehaften Verzerrung entgegen wirken.

Die anatolische Langhalslaute Baglama ist das einzige „ethnische“ Saiteninstrument, das derzeit in den Projekten „Jeki“ und „Baglama für alle“ angeboten wird. Mag das Instrument für viele noch neu sein, ist es doch seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Musikkultur in NRW.

Ich frage mich, kann denn ein Saiteninstrument, auf dem in der Regel andere als die in der westlichen Musik gängigen musikalischen Skalen und Melodien gespielt werden,  überhaupt unterrichtet werden, wenn nicht gleichzeitig eine Sensibilisierung für und zumindest ein Basiswissen der orientalischen Musik gelehrt wird?

Geschieht dies nicht, wird sich der Unterricht fast ausschließlich auf Kinder und Jugendliche beschränken, die den entsprechenden kulturellen Hintergrund durch ihre Herkunft besitzen, und das wäre ausgesprochen schade.

Das Projekt Jekiss, „Jedem Kind seine Stimme“, setzt mit zwei unterschiedlichen Konzepten in den Grundschulen an. Im Kreis Beckum Warendorf können GrundschullehrerInnen an einer Fortbildung teilnehmen, in der sie auf der einen Seite in Stimmbildung und dem Singen mit Kindern unterrichtet werden, auf der anderen Seite erlernen sie eine einfache Liedbegleitung auf der Gitarre. Diese Fähigkeiten nutzen die LehrerInnen anschließend im Unterricht, die Musik bekommt einen höheren Stellenwert, die Kinder sind durch die Gitarrenbegleitung zusätzlich motiviert.

Es ist einfacher sich ein interessantes Liederrepertoire zu erschließen und vielseitig einzusetzen, da die Gitarre, im Gegensatz zum Klavier, in jedem Klassenzimmer und auch draußen einsetzbar ist.

Das Münsteraner Konzept baut in Grundschulen Chöre auf, die zu singende Schulen werden.

Inwieweit die kulturelle Vielfalt durch diese Projekte gefördert wird lässt sich noch nicht beantworten. Es gäbe die Möglichkeit Lieder der Einwandererkulturen ins Repertoire der Chöre aufzunehmen. Damit wäre immerhin eine sprachliche Vielfalt gegeben.

An der Musikschule Beckum Warendorf finden seit Jahren Begegnungsprojekte, Aufführungen und Workshops mit außereuropäischen Musikern statt. Hier ist eine Öffnung für die Vielfalt der Kulturen durch eine musikalische und pädagogische Praxis seit Jahren existent.

Noch etwas ist mir auf den Seiten der Musikschulen aufgefallen. Bereits an mehreren wird der brasilianische Straßensamba unterrichtet.

Hinter so einem Batucada Ensemble verbirgt sich ein Konzept, das ausgezeichnet geeignet ist für die heterogenen Lerngruppen in Schulen.

Verschiedene Perkussionsinstrumente mit unterschiedlich schwierigen Techniken, die meisten mehrfach besetzt, bieten sich geradezu an für eine Ensemblearbeit, die alle mit einbezieht und jedem Spaß macht.

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Auszüge des Vortrags von Pit Budde: „Kulturelle Vielfalt in der musikalischen Bildung in NRW“ bei der AG II „Musik in der Jugend“ des Landesmusikrat NRW, 2010

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