Musikschulen der Migranten

Natürlich gibt es auch Musikschulen der Migranten Communities und Privatunterricht für einige ethnische Instrumente. Längerfristig wäre es sehr schade, wenn an türkischen Musikschulen Baglama und Darbouka, an afrikanischen Musikschulen verschiedene Trommeln und an deutschen Musikschulen die klassischen Instrumente unterrichtet würden.

Gerade in der Musik sollte es doch auch um eine kulturelle Begegnung und Bereicherung gehen. Wir sprechen als Musiker eine gemeinsame Sprache mit vielen Dialekten – eine Verständigung unter Musikern ist leichter als unter Menschen die nur über eine gesprochene Sprache verfügen. In diesem Sinne ist die Musik in der Lage gesellschaftliche Prozesse der Begegnung und des kreativen Miteinander vorwegzunehmen und kann so als Vorbild für ein fortschrittliches Gemeinwesen fungieren.

Diese Möglichkeiten sollten wir offensiv suchen und intensiv nutzen.

Fazit:

Die Voraussetzungen für eine kulturelle Vielfalt in der musikalischen Bildung scheinen in Kindergärten und Schulen gegeben. Die Lehrpläne fordern geradezu dazu auf sie umzusetzen und mit Leben zu füllen. Ob dies dann auch wirklich geschieht, hängt allerdings viel zu sehr vom individuellen Engagement und den spezifischen Fähigkeiten einzelner Lehrerinnen und Lehrer ab. Eine klar strukturierte, flächendeckende Ausbildung für diese Fähigkeiten habe ich nirgendwo entdecken können.

Die oft positiven Bestrebungen Kinder spielerisch an das Singen und die Musik heranzuführen enden meist nach Kindergarten und Grundschule.

Gerade in den weiterführenden Schulen lässt das Interesse nach, eine kulturelle Vielfalt in der Musik zu vermitteln. Es mag daran liegen, dass der Arbeitsdruck zu sehr auf den Lehrern lastet oder aber auch daran, dass viele Pädagogen nicht über den Erfahrungshorizont verfügen eine kulturelle Vielfalt in der musikalischen Bildung umzusetzen.

Viele Musikschulen hängen noch zu sehr an einem einseitigen und konservativen Konzept der Kultur- und Musikvermittlung. Auf der Website einer Musikschule fand ich den lapidaren Satz: „Wir unterrichten alle Streich-, Zupf-, Schlag- und Blasinstrumente.“ Ich habe im Angebot weder die arabisch-türkische Kurzhalslaute Ud gefunden, noch eine afrikanische Bogenharfe, keine indianische Flöte, geschweige denn eine Kastenleier oder indische Tablas.

So eine Fixierung auf die eigene Mehrheitskultur ist in der heutigen globalisierten Welt absolut weltfremd, und das ist noch eine sehr freundliche Beurteilung.

Rock und Jazz haben sich an den Musikschulen durchgesetzt, gut so. Ansätze der Musik der Migranten haben jetzt eine Chance durch Jeki und die Zusammenarbeit der Musikschulen mit den Grundschulen ebenfalls Fuß zu fassen. Bislang sind Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund an den Musikschulen allerdings weit unterrepräsentiert.

Wie kann denn eine Praxis orientierte Herangehensweise an die kulturelle Vielfalt in der Musikvermittlung aussehen?

Erst einmal darf sie nicht verkopft geschehen. Wir wollen Kinder und Jugendliche ja für Musik nachhaltig begeistern, wir wollen sie neugierig machen, ermutigen selbst zu singen und zu musizieren.

Ein Unterricht in dem überwiegend über Musik gesprochen wird, selten Musik gehört und noch viel seltener selbst musiziert wird, ist dazu nicht besonders geeignet.

Die Hörgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen sind nur noch selten von klassischer Musik oder von deutschen Volksliedern geprägt. Wir sollten versuchen sie dort abzuholen wo sie sind und dann für eine musikalische Vielfalt begeistern.

Wichtig ist es dabei die Interessen und Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den Unterricht einzubeziehen. Gerade sie verfügen noch viel mehr über ein gemeinsames Repertoire an Liedern und Tänzen als die inländischen Kids.

Letztendlich sind der Fantasie in der musikalischen Vielfalt keine Grenzen gesetzt. Einzig der zeitliche Rahmen und die mitgebrachten Fertigkeiten und kulturellen Eigenarten aller Beteiligten sind maßgebend.

 

Pit Budde

 

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